Beschleunigung von Genehmigungsverfahren am Fallbeispiel Tesla in Grünheide
Der US-Elektrobauer Tesla ist aktuell in aller Munde. Gute Quartalszahlen, ehrgeizige Ziele, die um (fast) jeden Preis verfolgt und umgesetzt werden. Eines dieser Ziele ist die Gigafactory in Grünheide bei Berlin, die eigentlich schon in Betrieb sein sollte. Wesentliche Punkte für die Verzögerung ist eine am Standort zusätzlich geplante Batteriefabrik sowie die schwierig rechtliche Situation zur Erlangung der Zulassung, sofern man den Firmensprechern glauben darf. Aus diesem Grund wurde der gewünschte Baufortschritt der Gigafactory bereits mit mehr als einem Dutzend Zulassungen des vorzeitigen Beginns der Errichtung nach § 8a BImSchG zugelassen. Eine endgültige immissionsschutzrechtliche Genehmigung liegt aktuell noch nicht vor.
Die zuständige Genehmigungsbehörde, das Landesamt für Umwelt Brandenburg, hat die Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung u.a. bereits für Erd-, Gründungs- und Fundamentarbeiten, für den Bau privater Verkehrsflächen und auch für Rohbaumaßnahmen zugelassen, alle unter dem Vorbehalt, dass bei einem Versagen der endgültigen Genehmigung der ursprüngliche Zustand wieder herzustellen ist.
Der vorzeitige Beginn der Errichtung ist in immissionsschutzrechtlichen Verfahren ein gern gewähltes Mittel, um möglichst frühzeitig mit Baumaßnamen beginnen zu können. Rechtlich ist die Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung einer Anlage nichts Besonderes. Es ist jedoch fraglich, ab welchem Zeitpunkt der vorzeitige Beginn bei einem UVP-pflichtigen Vorhaben genehmigt werden darf.
Die von der überwiegenden Zahl der Zulassungsbehörden vertretene Meinung ist, dass eine Zulassung des vorzeigen Beginns der Errichtung erst nach erfolgter Auslegung und Beendigung der Einwendungsfrist erfolgen kann. Diese Meinung stützt sich unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 30.04.1991, Az.: 7 C 35.90), dass die für die Zulassung des vorzeitigen Beginns erforderliche Prognose, dass das Vorhaben genehmigt werden kann, regelmäßig erst auf Grund des Ergebnisses des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens getroffen werden könne. Nur dann lasse sich beurteilen, ob berechtigte Einwände bestehen. Weiterhin ist anzuführen, dass im vorliegenden Fall eine Prüfung der Umweltverträglichkeit verpflichtend vorgeschrieben war. Im EU-Recht wird für UVP-pflichtige Vorhaben festgelegt, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung grundsätzlich vor der Umsetzung des Vorhabens stattzufinden hat. Diese Anforderung darf durch die Zulassung des vorzeitigen Beginns nicht unterlaufen werden.
Für dieses konkrete Verfahren war zum Zeitpunkt der ersten Zulassung des vorzeitigen Beginns am 13.02.2020 zwar die Auslegung der Unterlagen abgeschlossen, allerdings lief die Einwendungsfrist noch bis zum 05.03.2020. Diese Zulassung gestattete die UVP-Pflichtige Rodung von ca. 90 ha Wald, die bereits vor dem Ende der Einwendungsfrist abgeschlossen werden konnte. Vor diesem Hintergrund wurde die Rodung am 16.02.2020 vom OVG Berlin-Brandenburg zunächst gestoppt, jedoch am 20.02.2020, und damit immer noch vor dem Ende der Einwendungsfrist, letztlich doch gebilligt.
Für die Prognose, dass ein Vorhaben genehmigungsfähig ist, ist stets eine Einzelfallbetrachtung durchzuführen. Die Forderung, dass die Einwendungsfrist abgelaufen sein muss, ist insoweit nur eine Regelvermutung (siehe auch das oben zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts. Demnach kann es auch durchaus Vorhaben geben, bei denen die Genehmigungsfähigkeit so klar ist, dass ein Abwarten des Endes der Einwendungsfrist nicht erforderlich ist, um mit hinreichender Sicherheit zu beurteilen, dass das Vorhaben genehmigungsfähig ist.
Nach Ansicht des OVG Berlin-Brandenburg ist dieser Fall jedoch gegeben gewesen. Grundsätzlich ist aus diesem Urteil festzuhalten, dass auch eine Rodung von Wald durch eine Wideraufforstung rückgängig gemacht werden kann und deswegen einem vorzeitigen Beginn der Errichtung unterliegen darf.
Weiterhin wurde argumentiert, dass mit der Erteilung einer Genehmigung gerechnet werden kann, wenn auf Grundlage einer ausreichenden Sachprüfung eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Die Prognose, ob eine Genehmigungserteilung überwiegend wahrscheinlich ist oder nicht, bedarf einer ausreichenden Beurteilungsgrundlage. Diese lag zum Zeitpunkt der Zulassung des vorzeitigen Beginns nach Auffassung des OVG vor, die Einwendungsfrist muss hierfür nicht verstrichen sein.
Entscheidend ist allein, dass der Behörde im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung ausreichend Tatsachenmaterial für ihre Prognose der Genehmigungsfähigkeit der Anlage vorliegt, was im vorliegenden Fall durch das OVG bejaht wurde.
Vor dem Hintergrund dieses großen und teilweise unübersichtlichen Zulassungsverfahren ist es verwunderlich, dass bei kleinen und überschaubaren Verfahren die oben vorgestellt Prämisse des OVG Berlin-Brandenburg von Seiten der Zulassungsbehörden regelmäßig außer Acht gelassen wird. Die Zulassungsbehörden lehnen entsprechende Entscheidungen/Zulassungen vor dem Ende der Einwendungsfrist in aller Regel von vorhinein ab.