Konzentrationswirkung im Immissionsschutzrecht
Die Konzentrationswirkung bei immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren
Ein wesentlicher Umstand für die Komplexität immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren hat damit zu tun, dass größere industrielle Vorhaben meist eine Vielzahl von Rechtsbereichen berühren, die in die Zuständigkeiten unterschiedlicher Rechtsträger fallen. Beispiele hierfür sind u.a.:
- Baurechtliche Zulassung durch das jeweilige Landesrecht
- Genehmigung nach dem Strahlenschutzgesetz (z.B. beim Einsatz von Strahlern zur Produktprüfung auf Fremdkörper in der Lebensmittelindustrie oder im Werkstoffbereich)
- Annahme eines Reduzierungsplans gemäß der Lösemittelverordnung (31. BImSchV) beim Einsatz von Lösemitteln
- Plangenehmigungen nach § 68 WHG für Vorhaben die Nutzungen von Gewässern betreffen
- Emissionsgenehmigungen gemäß TEHG (Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz)
- Eignungsfeststellungen für bestimmte Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen nach § 63 WHG
- Zulassungen zur Umwandlung von Wald
- Ausnahmen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) um einen Verbotstatbestand gemäß § 44 BNatSchG zuzulassen
- Denkmalschutzrechtliche Genehmigungen nach dem jeweiligen Landesrecht
Zur Verhinderung von Diskrepanzen bei der Erteilung der benötigten Zulassungen hat der Gesetzgeber den § 13 in das BImSchG aufgenommen. Dieser führt aus, dass alle die Anlagen betreffenden Entscheidungen in die Genehmigung einkonzentriert werden, um ein einheitliches Genehmigungsverfahren zu ermöglichen. Aber auch hier gilt, keine Regel ohne Ausnahme. Bei der Entfaltung der Konzentrationswirkung sind insbesondere
- Planfeststellungen,
- bergrechtlicher Betriebspläne,
- belange atomrechtlicher Vorschriften,
- sowie wasserrechtliche Erlaubnisse und Bewilligungen gemäß § 8 in Verbindung mit § 10 WHG
von der Konzentrationswirkung ausgenommen.
Der Wille des Normgebers wird auch durch die Ausführungen in der Gesetzesbegründung ausführlich erläutert (BT-Drs. 7/179, S. 35):
„Sie dient der Verwaltungsvereinfachung, insbesondere der Beschleunigung des Verfahrens; sie verhindert einander widersprechende Entscheidungen der verschiedenen, für die einzelnen Rechtsgebiete zuständigen Behörden; sie gestattet es, die sich aus den verschiedensten rechtlichen Gesichtspunkten an die Anlage zu stellenden Anforderungen in optimaler Weise aufeinander abzustimmen; sie bringt für den Unternehmer größtmögliche Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, eine Voraussetzung für eine zügige Planung und Produktionsaufnahme.“
Die Konzentrationswirkung kann jedoch nur im Rahmen von Genehmigungsverfahren nach § 4 oder § 16 BImSchG angewendet werden. Bedarf ein Vorhaben lediglich einer Anzeige nach § 15 BImSchG, sind andere erforderliche Genehmigungen (z.B. eine baurechtliche Zulassung) in einem getrennten Genehmigungsverfahren bei der entsprechenden Fachbehörde getrennt zu beantragen.
Im Umkehrschluss ist eine Genehmigung, die getrennt erteilt wurde, jedoch durch die Konzentrationswirkung nach § 13 BImSchG in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung hätte einkonzentriert werden müssen, rechtswidrig und muss aufgehoben werden (vgl. Jarass BImSchG § 13 Rn. 21a).
Ebenso ist zu erwähnen, dass bei einem Erlöschen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (z.B. weil die Anlagenleistung gesunken ist und daher die Genehmigungsbedürftigkeit nicht mehr gegeben ist) die einkonzentrierten Genehmigungen eigenständig weiter fort bestehen werden (vgl. Jarass BImSchG § 18 Rn. 20).
Nicht eingeschlossene Verfahren, die jedoch für den späteren Anlagenbetrieb erforderlich sind, müssen parallel durchgeführt werden. Die federführende Behörde, der nicht eingeschlossenen Genehmigung wird dann im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Verfahrens beteiligt. Ebenso sollen die beiden parallelen Verfahren vollständig koordiniert und ggf. erforderliche Inhalts- und Nebenbestimmungen aufeinander abgestimmt werden (vgl. Jarass BImSchG § 13 Rn. 27). Hierdurch wird sichergestellt, dass die Voraussetzungen für den Betrieb der Anlage nach Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vorliegen und der Betrieb nicht nach einer anderen getrennt zu erreichenden Genehmigung zu versagen ist.
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